Christine C. Juch - Naturheilpraktikerin NVS - Mitglied der Naturärzte Vereinigung Schweiz

Schweinegrippe: Angst vor Risiken – nein Danke!

7. Mai 2009 | Kategorie: Allgemein

Eigentlich wollte ich zur Schweingrippe nichts sagen, ich bin kein Virologe. Bis eben diese Pressemeldung über meinen Bildschirm flimmerte: „Unternehmen werben mit Krankheit für ihre Produkte.“ Na Gesundheit!

Schweinegrippe-Fakten: In Mexiko sind neun Menschen an dem neuartigen Virus N1H1 gestorben in den USA ein Säugling. Alle Betroffenen in Mexiko lebten in Slums, vermutlich unter hygienisch und sozial prekären Bedingungen. In der Schweiz und in Österreich wurden je eine Erkrankung gemeldet, in Deutschland drei. Der Schweizer ist bereits wieder wohlauf. Jeden Winter sterben ein Vielfaches davon an den Folgen von Grippe und Lungenentzündung. Meist trifft es immungeschwächte alte Menschen und Säuglinge.

Zum Vergleich: Täglich sterben 25.000 Menschen an Hunger, die Hälfte davon Kinder. Im Jahre 2007 hatten fast eine Milliarde Menschen keine ausreichende Ernährung, 73 Millionen mehr als noch 2006.

Vogelgrippe-Fakten: Die aktuellsten Meldungen (Stand Januar 2009) zum Stand der Vogelgrippe in der Schweiz: „…nach den ersten Fällen von Vogelgrippe bei Wildwasservögeln in der Schweiz im April 2006 ist das H5N1-Virus im März 2008 bei einer Ente (!) am Sempachersee erneut aufgetaucht. In der Schweiz ist jedoch keine Übertragung auf Zuchtgeflügel festgestellt worden… Was die Gefahr des H5N1-Virus für den Menschen angeht, so ist die Lage heute weiterhin kritisch… das Virus ist in seltenen Fällen auf Menschen übertragen worden…“ (Quelle: Bundesamt für Gesundheit Schweiz: Influenza-Pandemieplan Schweiz – Strategien und Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine Influenza Pandemie Version Januar 2009)

SARS-Fakten: Das SARS Virus wurde im Februar 2003 entdeckt. Flughäfen wurden dicht gemacht, internationale Messen abgesagt. Auf dem Flug von Singapur nach Zürich im Januar 2004 kam ich als Arzt zum Einsatz, ein Passagier erlitt einen Herzinfarkt. Notlandung in Ankara. Das Flugzeug wurde gleich nach dem Touch-Down quasi-militärisch unter Quarantäne gestellt. Der türkische Notarzt kam im luftdichten Astronautenanzug ins voll besetzte Flugzeug, mit einem Hi-Tech Fiebermesser bewaffnet, um so die Türkei vor der drohenden SARS Epidemie zu retten. Das letzte SARS Update der WHO datiert vom 18. Mai 2004: Die Infektionskette von Mensch zu Mensch in China sei jetzt durchbrochen… „but bio-safety concerns remain…“ (Bedenken zur Bio-Sicherheit bleiben. (Quelle: WHO SARS Update 2004, May 18.)

Das Geschäft mit der Angst floriert wieder. Die Pharmaindustrie macht gute Geschäfte. Der Apothekerverband meldete gestern, Tamiflu sei in Zürich ausverkauft. Regierungen sollen bei Roche im Rahmen der Pandemievorsorge insgesamt 220 Mio. Packungen Tamiflu bestellt haben (Quelle: Handelszeitung online vom 30.4.09). Bei einem Packungspreis im Einzelverkauf von CHF 86.50 ein stattliches Auftragsvolumen in Milliardenhöhe. Dabei ist das Nebenwirkungsprofil nicht ohne, es umfasst Erbrechen, Bauchschmerzen bis hin zu Nierenversagen. Da werden Erinnerungen wach:

1976 brach im Fort Dix in New Jersey die Schweinegrippe aus. Ein Junge starb, ein paar Hundert Soldaten erkrankten. Präsident Gerald Ford ließ damals eine nationale Impfkampagne durchführen. 40 Millionen Amerikaner wurden geimpft (Bild oben), mindestens dreißig starben an den direkten Folgen dieser Impfung – durch eine schwere aufsteigende Lähmung, dem so genannten Guillain-Barré Syndrom.

Mein persönliches Fazit:

Erstens: Als Arzt weiss ich um Gefahr und Virulenz von Viren. 1348 starb ein Drittel der europäischen Bevölkerung durch die Pest. Die spanische Grippe 1918 am Ende des ersten Weltkrieges hat 40 Millionen meist junge Menschen dahingerafft. Ein neuartiges Virus, dem weltweit weniger als ein Dutzend Menschen zum Opfer fallen, besitzt derzeit eine vergleichsweise geringe Ansteckungskraft.
Zweitens: Wildvögel, die Tausende von Kilometern aus eigener Kraft durch die Luft flattern, mutieren nicht plötzlich zu todbringenden Virenschleudern.
Drittens: Gefahr und Risiko werden gerne verwechselt. In Alaska beispielsweise ist das Risiko, in einen Strassen-Verkehrsunfall zu sterben x-fach größer als das Risiko, von einem Grizzly gefressen zu werden. Trotzdem haben die meisten Menschen mehr Angst vor dem hypothetischen Bären als vor den realen Autos auf der Strasse.

Der Mensch neigt dazu, Gefahren zu verharmlosen und Risiken aufzublähen. Deshalb: Respekt vor Risiken – Ja! Angst vor Risiken – nein Danke!

Übrigens: Negative Emotionen wie Angst, Stress oder Besorgnis schwächen das Immunsystem. Genau das können wir in virulenten Zeiten gar nicht gebrauchen.

Christian Larsen
2. Mai 2009

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